Oft habe ich das Gefühl, dass wir Menschen so gestresst von unserem Alltag sind, dass wir keine Zeit mehr für gar nichts haben. Es geht mit dem Wecker morgens los, gefolgt von einigen Stunden Arbeit, wenn wir Glück haben noch einer netten Mahlzeit am Tag. Schwups, schon ist es 20 Uhr. So langsam muss man runterfahren und Richtung Bett, denn der nächste Tag will durchlaufen, ja, gar abgespult werden.
Irgendwie rennen wir alle ständig der Zeit hinterher. Das ist echt Irrsinn, denn du weisst genau so gut wie ich, dass wir sie nicht zurückbekommen.
Wo sollen denn die Pferde da noch Platz finden?
Was bedeutet Zeit für dich?
“Zeit zu haben” wird von jedem anders definiert. Zum Beispiel wird ein freier Nachmittag bei den Pferden, Zeit für eine Tasse Tee oder ein neues Buch von jedem unterschiedlich wahrgenommen.
Hast du dich schon einmal gefragt, was “Zeit haben” für dich konkret bedeutet?
Für mich bedeutet Zeit zu haben, dass ich ohne auf die Uhr zu sehen, ohne Stress im Nacken und ohne andere Aufgaben bei mir und meinen Pferden sein kann. Ich finde gerade bei den Pferden ist es wichtig, den Zeitdruck herauszunehmen und im Hier und Jetzt zu sein – ganz bei ihnen.
Pferde und Zeit
Pferde sind stets präsent. Wenn du ihnen die Zeit schenkst die sie brauchen, dann wirst du auf die eine oder andere Art belohnt werden. Du weisst genau wie ich, dass es so gut wie nie funktioniert, wenn du mit einer ganz bestimmten Erwartungshaltung an den Stall kommst.
Zum Beispiel “heute übe ich fliegende Galoppwechsel”! Irgendwie klappt es dann einfach nicht, obwohl du es dir doch sooo fest vorgenommen hast. Warum ist das so?
Ich behaupte es liegt daran, dass du dir selbst mit dieser Erwartungshaltung Druck machst. Druck, den dein Pferd ebenso verspürt. Nachhaltige Pferdeausbildung braucht einfach Zeit.
Kennst du auch das Bild vom widerwilligen Pferd, welches Runde um Runde laufen muss, weil es so ungehorsam ist? Weil die Galopphilfe “einfach nicht ankommt” oder weil es einen Buckler ausgepackt hat? Klatschnass geschwitzt und prustend steht es dann da, der Reiter trägt Stolz im Gesicht, denn auf’s hundertste Mal hat es dann doch endlich funktioniert.
Jetzt frage ich dich: war das nachhaltig? Hat das Pferd wirklich etwas daraus gelernt? So ganz ehrlich?
Ich war noch nie eine Freundin von einer soliden Stunde Platzarbeit, um eine bestimmte Lektion zu erarbeiten. Egal wie viel Zeit ich mitgebracht habe, lege ich immer Wert auf kurze, verarbeitungsgerechte Reprisen und Abwechslung. Ich baue öfter Pausen ein, damit mein Pferd und ich durchatmen können. Wir wollen schließlich Spass bei der gemeinsamen Arbeit haben und nicht frustriert miteinander rumdümpeln. Schlimmer noch: kämpfen! (Oder im Reitervolk oft “diskutieren” genannt.)
Ich bin auch nicht perfekt. Momentan gibt es einfach so viele Baustellen – da verliert man schon schnell mal den Überblick. In einer solchen Phase des Lebens sehe ich meine Stärke darin, ganz bewusst den Druck aus meiner gemeinsamen Zeit mit den Pferden zu nehmen.
Ich fordere keine Höchstleistung, sondern bemühe mich jede Interaktion so positiv und spielerisch wie möglich zu gestalten. Das schönste daran ist für mich, dass meine Pferde mir trotzdem so viel schenken, obwohl ich derzeit nicht regelmäßig mit ihnen arbeite.
Wie stehst du zum Thema Zeit bei den Pferden?
Kommst du ohne Erwartungen in den Stall? Nimmst du dir genügend Zeit für eure Einheiten? Schaffst du es den Druck herauszunehmen? Gibst du deinem Pferd ausreichend Zeit um das Gelernte zu verarbeiten? Verschwendest du vielleicht auch ein wenig Zeit, indem du Ausreden findest?
Nichts ist sicher, ausser dass du jeden Tag die neue Chance hast, deine Zeit sinnvoll zu nutzen. Ich wünsche dir, dass du für dich das Beste daraus machst!