Das ist eine sehr gute Frage, vor allem, wenn du gerade auf der Suche nach einer Reitschule oder einer Institution bist, in der du dein Kind wohl aufgehoben wissen möchtest. Du wünscht dir, dass die Kids etwas nach draussen an die frische Luft kommen, sich sportlich betätigen oder lernen mit Tieren umzugehen. Während deiner Recherche stößt du jedoch auf verschiedene Begrifflichkeiten. Zwischen tiergestützter Intervention, tiergestützter Interaktion, Reitstunden, therapeutischem Reiten, verschiedenen Reitweisen (wie zum Beispiel klassisch, historisch oder Western) und Höfen mit verschiedenen Haltungsformen (zum Beispiel Boxenhaltung oder Offenstall) ist alles dabei. Nun sitzt du vor einer Menge Informationen und sollst herausfinden, wo dein Kind am besten untergebracht ist und sich auch nachhaltig wohl fühlt.
Worauf du bei einer Reitschule achten solltest
Reitschulen kommen in allen Formen und Größen. In meinen Augen ist es wichtig bei der Suche darauf zu achten, dass die Pferde genügend Freilauf und Raufutter zur Verfügung haben. Da Pferde Bewegungstiere sind, sollten sie sich auch in der “unterrichtsfreien” Zeit ausreichend bewegen dürfen und dabei am besten permanenten Zugang zu Raufutter haben. Wir alle kennen das Bild vom Reitschüler, der in jeder Stunde mindestens einmal vom buckelnden oder steigenden Pferd in den Dreck geworfen wird. Das Pferd stand bereits für den Schüler in der Box bereit – natürlich gesattelt. Absatteln muss er auch nicht, denn der nächste Schüler steigt bereits in der Halle auf. Der Reitschüler lernt also, dass Pferde Nutzobjekte sind und man sich nicht um eine Mensch-Pferd-Beziehung bemühen muss, um das Reiten und den Umgang mit ihnen zu erlernen.

Natürlich lässt sich das nicht so pauschal für alle Pferde oder gar Reitschulen sagen, aber meiner Erfahrung nach machen zufriedene Pferde in der Regel keinen Quatsch – auch nicht während der Reitstunde. Der Reitschüler muss dennoch trotzdem lernen wie er sitzen muss um das Pferd in seiner Balance nicht zu stören und selbst auch in Balance zu sein (nicht nur, weil das bei zukünftigen Hüpfern dann doch ganz gut hilft). Es heisst nicht umsonst Reitkunst! 🙂
Der Reitlehrer sollte ebenso vom Fach sein. Damit meine ich Pferdewirte oder besser noch: Trainerlizenzen! Um solch eine Lizenz zu erhalten muss der- oder diejenige nämlich selbst einen Test bestehen und wird dementsprechend bewertet. Man kann sich auch hier genauer informieren welche Lizenzen vorliegen. Es ist natürlich super schön, wenn deine Nachbarin ein Pferd hat und darauf hobbymäßig, aber dafür super günstig, für 10€ Reitstunden gibt weil es ihr so viel Freude bereitet und sich das Pferd so sein Futter “verdient”. Es gibt jedoch hier einige Dinge die du wirklich bedenken solltest:
- Hat sie ausreichend Erfahrung um dem Pferd und deinem Kind nicht zu schaden? Mal von Reitersitz, Balance und der Biomechanik des Pferdes abgesehen, könnte sie auch die weitere Entwicklung im Umgang mit Pferden beeinträchtigen.
- Ist das Pferd überhaupt “tauglich” für solche Reitstunden? Körperlich sowie mental?
- Hat sie eine Versicherung? Du hast richtig gelesen! Die meisten vergessen bei all dem Spaß nämlich eine essenzielle Sache: Professionalität bedeutet auch, dass alle Tätigkeiten ordnungsgemäß abgesichert sind!

Was die Reitweisen angeht solltest du dir einmal ein paar verschiedene ansehen und dann aus dem Bauch heraus entscheiden, wo du dich und dein Kind am wohlsten aufgehoben fühlst. Wenn es sich dann doch nicht als das Richtige herausstellt, spricht auch nichts dagegen erstmal ein paar Reitweisen auszuprobieren. Dazu gibt es Reitschulen/Reitlehrer mit eigenen Pferden! Vielleicht kommst du so vom Dressurreiten zum Springen, oder vom Westenreiten auf Gangpferdereiten. Ob Einzel- oder Gruppenunterricht ist natürlich deine Entscheidung, aber ich halte es für äußerst bedenklich mehr als 2 Schüler (Kinder/Anfänger) zur selben Zeit zu unterrichten. Ich würde mir wünschen, dass die Pferde nicht ausgebunden hintereinander herlaufen und ihr Programm abspulen, sondern ich möchte Individualität und Nachhaltigkeit – nur so kann dein Kind auch wirklich etwas lernen!
Was macht Science for Soundness so anders?
Im Augenblick ist der Begriff “Tiergestützte Intervention (TGI)” der allgemein genutzte Oberbegriff für alle Formen tiergestützter Tätigkeiten. Der Begriff Intervention ist leider etwas negativ behaftet und impliziert, dass eine Art “Eingriff” zur Heilung/Verhinderung einer Krankheit oder im Erziehungsprozess nötig ist.
Ich nenne meine Arbeit bewusst tiergestützte Interaktion, da es für uns essenziell ist ein hohes Maß an Beziehungsqualität zwischen deinem Kind, meinem Tier und mir aufzubauen. Wir sind im ständigen Austausch miteinander. Meine Tiere sind weder “Mittel zum Zweck” noch „Werkzeuge“ oder “Hilfsmittel”. Sie haben vielmehr die Rolle eines gleichwertigen Partners innerhalb unseres Konzeptes. Sie dürfen und sollen ihre kognitiven und emotionalen Fähigkeiten ebenso in den Kontext einbringen wie ihre speziesspezifischen Bedürfnisse und individuelle Persönlichkeit. Um das garantieren zu können arbeite ich ausschließlich auf einer 1:1 Ebene mit deinem Kind und einer meiner Fellnasen, welche nicht von mir sondern von deinem Kind gewählt wird. Auch hier ist Individualität und Intuition gefragt 🙂

Ich habe etwas weiter oben bewusst den Begriff Institution gewählt. Ich sehe mich nämlich nicht als eine Institution, sondern einen Ort der Vermittlung. Sun, Bee und Skye, sowie alle Tiere in der tiergestützten Arbeit, wirken und agieren jeweils als sie selbst – nicht als eine durch Erziehung oder Dressur optimierte, austauschbare “Tier-Einheit”, der vermeintlich störende Verhaltensweisen “abgewöhnt” wurden. Meine Mädels sind so unterschiedlich und schaffen es genau aus diesem Grund ein breites Spektrum an Menschen für sich zu gewinnen und zu begeistern. Sie können sich auch mal erschrecken oder eine Aufgabe verneinen. So erfordert Bee zum Beispiel ein wenig mehr Einfühlungsvermögen, Rücksichtnahme und Beobachtungsgabe deines Kindes, um eine Annäherung zu erzielen und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.

Auf der Suche nach tiergestützter Arbeit für dein Kind solltest du sichergehen, dass der jeweilige Anbieter sich nicht nur mit der Tierart auskennt und auf deren individuelle Bedürfnisse eingeht, sondern auch dazu in der Lage ist das Tier in seiner Individualität zu erkennen. Idealerweise sollte der Anbieter auch selbst zum jeweiligen Tier eine Beziehung leben, die deinem Kind als Modell dienen kann. Zusätzlich stellt diese Beziehung auch die Basis dar, auf der dein Kind und das Tier ihrerseits eine Mensch-Tier-Beziehung entwickeln können, von der beide Seiten profitieren.

Tiergestützte Interaktion ist eine Gratwanderung zwischen Wissenschaft und dem, was zwischen Mensch und Tier nicht messbar, sondern nur fühlbar ist. Wissenschaftliche Fakten spielen also ebenso eine Rolle wie die eigene Intuition, um herauszufinden, was zwischen dem jeweiligen Kind und Tier “passieren möchte”.
Tiergestützte Interaktion bringt also ganz schön viel! Zwar geht es nicht primär um das Reiten, aber erfordert eine Menge Individualität im Umgang mit den Tieren, so dass dein Kind nach ein paar Sessions nachhaltig mehr Konzentration, Selbstvertrauen, Authentizität und Verantwortungsgefühl erlangen wird.
Grundsätzlich gibt es einige Dachverbände für tiergestützte Interventionen. Da diese sehr klare Richtlinien und Aufnahmekriterien haben, besteht ein geringes Risiko dort einen “falschen Hasen” zu erwischen. Nichtsdestotrotz ist es wichtig an dieser Stelle zu betonen, dass Menschen mit hoher Qualifikation, aber ohne zum Beispiel einem Reitabzeichen, dort derzeit noch nicht beitreten können. Reitabzeichen kann man theoretisch in jedem Alter (auch mit zB 10 Jahren) in einer Reitschule mit einem Schulpferd machen und zeugen daher in meinen Augen nicht zwingend von fachlicher Kompetenz im Bereich der tiergestützten Arbeit im Erwachsenenalter. Als wichtig empfinde ich eine fundierte fachliche Ausbildung in entweder einem sozialpädagogischen Bereich oder pferdewissenschaftlichen Bereich – idealerweise natürlich in beidem. 🙂
Es lohnt sich also immer unter den Dienstleistern nach genau den Aspekten zu suchen, die du für dich und dein Kind als wichtig und richtig empfindest. Höre auf dein Bauchgefühl! Lass die Intuition zu, denn nichts ist schlimmer, als eine schlechte erste Erfahrung. Ruf an und lerne die Person am besten persönlich einmal kennen. Seriöse Dienstleister, egal ob Reitschule oder tiergestützte Arbeit, werden dir sicher auch gerne eine Schnuppereinheit anbieten um ein Gefühl für das Ganze zu bekommen und die individuelle Arbeitsweise zu erklären. Hast du noch Fragen? Lass mir gerne einen Kommentar da und ich werde ihn so bald wie möglich beantworten.
P.S.: Es spricht nichts dagegen, mit deiner Nachbarin und ihrem Pferd ein bisschen Freude zu haben! Für richtigen Reitunterricht würde ich dir jedoch immer einen Profi empfehlen. 🙂